Ich erinnere mich gut an eine Lesung von Senta Berger vor fast vierzig Jahren in Krems. Schnitzlers „Fräulein Else“ stand auf dem Programm, und als die bekannte Schauspielerin vor den Vorhang trat, erstarrte sie für einen Moment angesichts des spärlich besetzten Saals. Mit großem Charme bat sie das Publikum dann, doch nach vorn zur Bühne zu kommen – für diesen intimen Text würde sich das Zusammenrücken ohnehin anbieten.
Ähnlich wie Senta Berger mag es den acht Schülerinnen und Schülern ergangen sein, die ihren Mut zusammengenommen hatten, um am Abend des 14. April im Wintergarten des Horner Café Flo aus selbst verfassten Geschichten zu lesen: Selbst in diesem kleinen Raum hätten noch Gäste Platz gehabt. An der Qualität der Arbeiten jedenfalls kann es nicht gelegen haben, diese bewegte sich auf jenem hohen Niveau, das die Kinder und Jugendlichen aus den ersten bis achten Klassen bereits in den beiden Jahren zuvor vorgegeben hatten.
Als großes Thema zog sich die Frage der Ich-Findung durchs Programm. „Was erwartet uns im Jenseits?“ fragte sich etwa Vera Willinger (8a) in ihrem sehr witzigen Text, ähnlich stand in Amelie Zotters (6a) Arbeit die Suche nach dem „Wer bin ich?“ im Zentrum. Aaron Lang (6a) führte uns in eine eisige Winternacht mit großen Konsequenzen auf das Leben eines Mannes, und das Duo Caro Kraus und Angelika Freitag (beide aus der 6a) berichteten in tollem Englisch über Seelen, die zur Hölle verdammt waren. Aufgelockert wurden diese ernsten Gedanken durch märchenhafte Texte von Melissa Kirschenhofer (1a), die von einer sprechenden Igeldame erzählte, und Vincent Plank (1a) und seinem „Labyrinth der Wörter“. Mit ihrem Gedicht über eine sonnige Zukunft entließ uns Marlies Bauer (3b) mit einem Lächeln im Gesicht.
Dass einem angesichts solcher Leistungen über unsere Jugend nicht bang sein müsse, war das abschließende Resümee von Frau Hübl vom Verlag
Berger. Die netten Fotos im Anhang stammen wie immer von unserem Fotokünstler Matthias Meyer (6a).
Gedicht
Von Aaron Lang, 6a
Trübe schaut er durch das Glas
Der Drang hinauszukommen
Wird immer größer,
Die Welt da draußen zu entdecken.
Nicht nur zu sehen,
Sondern zu fühlen, schmecken.
Doch gleich vorbei der hehre Wunsch,
bleibt er doch ein Fisch im Aquarium.
Überdauern
Von Aaron Lang, 6a
Auf der Wiese
hinter dem Wald
wiegen sich die Blüten
sanft im Wind
und strahlen
Unscheinbar
am Wiesenrand
von Disteln überwuchert
Holzkreuze
völlig verwittert.
Gedicht
Von Marlies Bauer, 3b
Jetzt ist Ostern auch schon wieder vorbei
und in 16 Tagen ist dann endlich … Mai.
Im Juni kommen die letzten Schularbeiten.
Im Juli gibt’s hoffentlich nur sonnige Seiten.
Vielleicht fahr ich in die Stadt oder aufs Land,
oder and Meer mit ganz viel Sand.
Dort ess ich dann leckeres Eis
und mach Popcorn aus Mais.
Ich schließe Freundschaften auf der ganzen Welt
und übernachte mit Freunden im Zelt.
Gehe shoppen in der Stadt,
am Abend bin ich dann ganz schön matt.
Bleibe wach bis spät in die Nacht,
vielleicht auch, bis am nächsten Tag die Sonne lacht.
Fahr mit dem Riesenrad im Prater
und mache Radtouren mit meinem Vater.
Aber ich glaub, ich bleib doch lieber zu Haus
Und gehe den ganzen Tag nicht raus.